Im Rahmen des VDS-Kongresses haben wir einen Workshop angeboten:
Universal Design for Learning diklusiv
Das Kernthema ist der heterogenitätssensible und lernförderliche Einsatz digitaler Medien in inklusiven Unterrichtssettings. Die Zielsetzung des Workshops ist, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Schülerinnen und Schüler mit heterogenen Lernvoraussetzungen mit Hilfe des Universal Design for Learning diklusiv beim Lernen mit digitalen Medien unterstützt werden können (zum Beispiel, indem die Zugänglichkeit zu Lerninhalten erhöht wird).
Die Zielgruppe des Workshops sind Lehrkräfte in allen Phasen der Lehramtsausbildung. Das Seminar bestand aus einer Einführungsphase zum Universal Design for Learning diklusiv, gefolgt von einer aktiven Erarbeitungsphase mit/durch die Teilnehmenden sowie einer Abschlussdiskussion bzw. Möglichkeit zum Austausch.
Der Einsatz digitaler Medien in (inklusiven) Unterrichtssettings in Deutschland ist stark aus-baufähig, wie die ICIL-Studie exemplarisch für den Sekundarstufenbereich gezeigt hat (Eickelmann, Bos & Labusch, 2019). Für den Grundschulbereich wird sogar ein Forschungsdesiderat beschrieben (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020).
Die Potentiale, die die Lehr-Lern-Forschung (u.a. Bosse, 2018; Irion, 2020) digitalen Medien zuschreibt, werden v.a. im Rahmen eines Unterrichts, der der Heterogenität der Lernenden Rechnung trägt, selten aus-geschöpft: Nur ca. 15% der Lehrkräfte verwenden digitale Medien zur individuellen Förderung, 11% für formative assessments und 10% zur Zusammenarbeit der Schüler:innen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020, S.258).Gleichzeitig treten vor dem Hintergrund ungleicher Bildungschancen Exklusionsrisiken im Kontext von Digitalisierung im Unterricht auf (van Ackeren et al. 2019), wie der Diskussion rund um digitale Spaltung und digital gap (Zorn, Schluchter & Bosse, 2019; Rudolph, 2019; van Essen, 2019) zu entnehmen ist. Der Distanzunterricht hat gezeigt, dass Lernende in einer digitalen Lernumgebung ausgeschlossen werden können: Leistungsschwächere Schüler:innen nehmen seltener am Online-Unterricht teil und ersetzen Lernaktivitäten häufiger durch andere Tätigkeiten (Wößmann et al., 2020). Zusätzlich werden Barrieren aus dem Präsenzunterricht möglicherweise in den Online-Unterricht verlagert (O ́Shaughnessy, 2020). Auch mangelnde digitale Barrierefreiheit stellt ein Problem dar (Bosse, 2021, zit. nach Gyseler & Aellig, 2021).Weiterhin sind u.a. Schüler:innen betroffen, die eingeschränkte Lese- oder Sprachkompetenzen aufweisen, die unzureichend selbstreguliert lernen können, die Schwierigkeiten beim Sehen oder Hören haben oder die motivationaler Unterstützung durch die Lehrkraft bedürfen (Böttinger & Schulz 2021, S.436f.).
Dem gegenüber stehen Zielsetzungen inklusiver Beschulung: Exklusionsrisiken erkennen und minimieren, Bildungsbarrieren abbauen sowie Lernzugänge schaffen bzw. optimieren. Hier können digitale Medien durch Unterstützung beim individualisierten Lernen (Petko, 2020, S.54f.; Schulz & Böttinger, 2021, S.54f.), beim selbstgesteuerten Lernen (Tulodziecki, Herzig & Gräfe, 2019, S.26) sowie im Rahmen adaptiver Lernsettings (Heusinger, 2020) eine wichtige Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund wird im Vortrag mit dem Universal Design diklusiv ein von den Vor-tragenden erarbeitetes Rahmenkonzept vorgestellt, wie digitale Medien heterogenitätssensibel im inklusiven Unterricht eingesetzt werden können, um vielfältige Lernzugänge zu schaffen, Lern-Barrieren abzubauen und allen Schüler:innen zu ermöglichen, am Lerngegenstand zu arbeiten bzw. am Lernprozess teilzunehmen. Grundlegend ist hierbei ein weites Inklusionsverständnis, das nicht nur auf sonderpädagogischen Förderbedarf fokussiert, sondern „alle Lernenden in ihren individuellen Bedürfnissen berücksichtigt und u.a. soziale, sozioökonomische und kulturelle Hintergründe, persönlich individuelle Ausgangslagen, Förderbedarfe, Behinderungen, Begabungen und Altersstufen umfasst.“ (Deutsche UNESCO-Kommission, 2021, S. 1f.). Dazu wurde das Universal Design for Learning (CAST, 2018) für das individualisierte Lernen mit digitalen Medien adaptiert. Im Vortrag werden zudem konkrete Umsetzungsmöglichkeiten vorgestellt und diskutiert.
Literatur
Ackeren, I. van; Aufenanger, S.; Eickelmann, B.; Friedrich, S.; Kammerl, R.; Knopf, J.; Mayrberger, K.; Scheika, H.; Scheiter, K. & Schiefner-Rohs, M. (2019). Digitalisierung in der Lehrerbildung. Herausforderungen, Entwicklungsfelder und Förderung von Gesamtkonzepten. In Die deutsche Schule (DDS), 111(1), 103-119.
Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020). Bildung in Deutschland 2020 – Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. Online verfügbar unter https://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2020/bildung-in-deutschland-2020
Bosse, I. (2018). Qualitätskriterien für audiovisuelle und digitale Medien für den inklusiven Unterricht – eine Evaluationsstudie des digitalen Angebots Planet Schule. In Zeitschrift für Heilpädagogik, 6, 256-270.
Böttinger, T. & Schulz, L. (2021). Diklusive Lernhilfen – Digital-inklusiver Unterricht im Rahmen des Universal Design for Learning. In Zeitschrift für Heilpädagogik, 9, 436-450.
CAST – Center for Applied Special Technology (2018). Universal Design for Learning Guidelines, Version 2.2. Verfügbar unter https://udlguidelines.cast.org/
Deutsche UNESCO-Kommission. (2021). Für eine chancengerechte Gestaltung der digitalen Transformation in der Bildung. Resolution der 81. Mitgliederversammlung. Online verfügbar unter www.internationaler-bund.de/fileadmin/user_upload/storage_ib_redaktion/resolution_unesco_digitalisierung-bildung.pdf
Eickelmann, B., Bos, W., & Labusch, A. (2019). Die Studie ICILs 2018 im Überblick. Zentrale Ergebnisse und mögliche Entwicklungsperspektiven. In B. Eickelmann, W. Bos, J. Gerick, F. Goldhammer, H. Schaumburg, K. Schwippert, M. Senkbeil, & J. Vahrenhold (Hrsg.). ICILS 2018 #Deutschland. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im zweiten internationalen Vergleich und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking. (S. 7–31). Münster/New York: Waxmann.
Essen, F. van (2019). Medienpädagogische Kompetenzen – Digital Disability Divide und Bildungsfachkräfte mit Behinderung. In Medien + Erziehung, 63, 47-54.
Gyseler, D. & Aellig, S. (2021). Digitale Medien an sich bringen noch keinen Mehrwert. Tagungsrückblick. Online verfügbar unter https://www.hfh.ch/digitale-geraete-an-sich-bringen-noch-keinen-mehrwert?fbclid=IwAR2Boeb-_6GuFZH5QiEe43dkd3ioMJqmSu8EOA2DLUXiH-v1Yeidgnnazoc
Heusinger, M. (2020). Lernprozesse digital unterstützen – ein Methodenbuch für den Unterricht. Beltz Verlag. Weinheim.
Irion, T. (2020). Digitale Grundbildung in der Grundschule. Grundlegende Bildung in der digital geprägten und gestaltbaren, mediatisierten Welt. In M. Thumel, R. Kammerl & T. Irion (Hrsg.). Digitale Bildung im Grundschulalter. Grundsatzfragen zum Primat des Pädagogischen(S. 49-81). München: Kopaed.
O’Shaughnessy, T. (2020). Quick Tips for Teaching Online: Accessibility, Educational Material and Universal Design for Learning (UDL). Online verfügbar unter: https://www.ul.ie/ltf/news-centre/news/quick-tips-teaching-online-accessibility-educational-material-and-universal-design
Petko, D. (2020). Einführung in die Mediendidaktik – Lehren und Lernen mit digitalen Medien. 2.Auflage. Beltz Verlag. Weinheim/Basel.
Rudolph, S. (2019). Digitale Medien, Partizipation und Ungleichheit – Eine Studie zum sozialen Gebrauch des Internets. Springer Fachmedien. Wiesbaden.
Schulz, L. & Böttinger, T. (2021). Digitale Barrieren abbauen – Das diklusive Universal Design for Learning. In L. Schulz, I. Krtoski, M. Lüneberger & D. Wichmann (Hrsg.). Diklusive Lernwelten – Zeitgemäßes Lernen für alle Schülerinnen und Schüler (S. 54-60). Dornstadt: Visual Ink.
Diklusion beschreibt damit die drei Perspektiven der Teilhabe in, an und durch Medien für die Schule und beleuchtet die Chancen und Möglichkeiten des gleichberechtigten Zugangs zu Bildung. Digitale Medien bergen vielfältige Chancen, um im inklusiven Einsatz einen Beitrag zu Individualisierung des Unterrichts zu leisten, sowie die Kooperation und Kommunikation der Lernenden anzuregen und zu unterstützen. Digitale Unterrichtsplanung und -vorbereitung birgt das Potenzial einer besseren Passung des Unterrichts an die diversen Voraussetzungen der Lernenden in inklusiven Settings. Hierfür ist eine digital-inklusive didaktische Unterrichtsplanung und die Initiierung von Unterrichtsprozessen für einen zeitgemäßen Unterricht bedeutsam. Die Ausführungen des Buchs liefern eine Orientierungsgrundlage zur Neukonzeption eines guten diklusiven Unterrichts im Rahmen einer digital-inklusiven Schule.
Die Chancen der Teilhabe durch den Einsatz digitaler Medien lässt sich auf mehreren Ebenen darstellen (vgl. Schulz 2018, S. 347, vgl. Abb. 1).
Ebene 1 (Individuum): Die erste Ebene beschreibt die Optionen der Unterstützung von Lernenden durch Assistive Technologien zur Kompensation einer Beeinträchtigung.
Ebene 2 (Lernebene):Die zweite Ebene beschreibt das Potenzial digitaler Medien für einen individualisierten Unterricht zum Lernen.
Ebene 3 (Lerngruppe):Die dritte Ebene umfasst das digitale kooperative oder kollaborative Lernen in Lerngruppen. Die digitalen Medien stellen hierfür mehr ein Werkzeug dar, dass zur Umsetzung gemeinsamer Wissenskonstruktion eine Verwendung findet.
Ebene 4 (Organisation):Die vierte Ebene wird bei der Betrachtung diklusiven Unterrichts häufig außer Acht gelassen. Sie zeigt auf, wie ein diklusiver Unterricht durch die digitale Vor- und Nachbereitung von Unterricht, durch eine digitale Form der Lernstandserhebung und Diagnostik oder digitale Dokumentation sich an die Lernvoraussetzungen der Lernenden anpasst und gleichzeitig die Lehrkraft entlastet, sich intensiv mit den einzelnen Schüler:innen zu befassen, da automatisierte Tätigkeiten nun durch digitale Medien geleistet werden können.
Ebene 5 (Gesellschaft/Umwelt):Inklusive Medienbildung stellt ebenfalls einen Anknüpfungspunkt an die Gesellschaft dar. Alle Schüler:innen sollen sich in der digitalen Welt orientieren können und haben ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an dieser. Dazu müssen sie ebenfalls innerhalb von Schule befähigt werden und Medienkompetenzen ausbilden.
Schulz, L. (2018b): Digitale Medien im Bereich Inklusion. In Lütje-Klose, B.; Riecke-Baulecke, T. & Werning, R. (Hrsg.): Basiswissen Lehrerbildung: Inklusion in Schule und Unterricht, Grundlagen in der Sonderpädagogik. Seelze: Klett/Kallmeyer, 344–367.
In allen Unterrichtssettings, die üblicherweise durch eine breite Heterogenität der Schülerschaft gekennzeichnet sind, ist ein adaptiver und individualisierter Unterricht von Bedeutung, um alle Schüler:innen in ihrem Lernen zu unterstützen. Lehrkräfte stehen vor der Herausforderung, Lernzugänge zu ermöglichen, Lernwege aufzuzeigen und Lerninhalte so aufzubereiten, dass ein Lernen am (möglichst) gleichen Lerngegenstand gelingt. Digitale Medien können hierbei Unterstützung bieten, um Barrieren abzubauen und Lernmöglichkeiten zu eröffnen. In diesem Zusammenhang ist es zielführend, das Universal Design for Learning (CAST, 2018) für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht zu adaptieren.
Digitale Medien und individualisiertes Lernen
Im Vorfeld ist zudem die Frage zu klären, warum digitalen Medien zugetraut wird, beim adaptiven und individualisierten Lernen eine Rolle zu spielen.
Von Bedeutung sind vor allem die drei Bereiche Multimedialität, Interaktivität und Adaptivität (vgl. Petko, 2010, S.9). Multimedialität bezieht sich darauf, dass digitale Medien zum einen multimodal beschaffen sind, d.h., sie unterstützen eine parallele Informationsverarbeitung über mehrere Sinneskanäle (v.a. visuell, auditiv). Zum anderen verfügen sie über eine multicodale Darstellung, indem Inhalte über verschiedene Repräsentationsformen (z.B. Video, Animation, Text etc.) vermittelt werden. Interaktive Medien können von Nutzer:innen bezüglich ihrer Präsentation und Interaktion gezielt nach eigenen Absichten gesteuert werden (z.B. über die bewusste Auswahl bestimmter Inhalte). Adaptivität umfasst neben der Makroadaption als Anpassung der digitalen Medien an individuelle Bedürfnisse, z.B. zum Umfang oder zur Darstellung der Inhalte, die Mikroadaption. Diese bezeichnet die automatische Anpassung an verschiedene Inputs, z.B. indem ein Lernprogramm den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben selbstständig anpasst – auf Basis bisher bearbeiteter Aufgaben.
Durch die Multimedialität digitaler Medien können also verschiedene Kanäle zur Informationsverarbeitung genutzt werden, um so die Rezeption von Inhalten zu ermöglichen bzw. diese zu vertiefen. Durch die Interaktivität digitaler Medien kann selbstständiges Lernen unterstützt werden, indem Lerninhalte oder Aufgabenformate gezielt ausgewählt werden können, auch auf Basis unmittelbar erfolgender Rückmeldungen an die Nutzer:innen. Durch die Adaptivität digitaler Medien können Zugänglichkeit und Nutzbarkeit erhöht werden, indem z.B. für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen spezielle Einstellungen zu Kontrast, Schriftgröße oder Vorlesefunktion vorgenommen werden. Zudem wird durch Mikroadaption die Anpassung der Lerninhalte an die individuellen Lernvoraussetzungen und -fortschritte einzelner Schüler:innen möglich.
Insgesamt können digitale Medien adaptives und individualisiertes Lernen unterstützen – nämlich durch ein Angebot an möglichst passgenauen Aufgabenstellungen und Inhalten mit möglichst optimaler Komplexität. Allerdings soll an dieser Stelle betont werden, dass kein automatischer Zusammenhang mit einer besseren Lernleistung besteht – der Einsatz digitaler Medien allein ist nicht zielführend.
Das Universal Design for Learning
Das Universal Design for Learning (UDL) entstand aus den Ideen des Universal Design, das bereits vor knapp 70 Jahren zum Ziel hatte, das öffentliche Leben möglichst zugänglich zu gestalten und Teilhabe zu ermöglichen. Dazu wurden Prinzipien formuliert, wie Umgebungen, Produkte, Dienstleistungen und vieles mehr ohne weitere Anpassungen verfügbar gemacht werden können (vgl. Pilgrim & Ward, 2017, S. 283).
Das UDL (CAST, 2018) selbst stellt die interindividuellen Unterschiede beim Lernen in den Mittelpunkt und formuliert auf Basis einer Vielzahl an Forschungsstudien neun evidenzbasierte Grundprinzipien mit insgesamt 31 Unterpunkten, um im inklusiven Unterricht Lernbarrieren abzubauen (vgl. Hall, Meyer & Rose, 2012). Vor dem Hintergrund eines weiten Inklusionsverständnisses soll auf differente Lernvoraussetzungen mit dem flexiblen Einsatz von Methoden und Medien reagiert werden. Zum einen, um die Lernmöglichkeiten aller Schüler:innen (und nicht einzelner Gruppen, z.B. mit sonderpädagogischem Förderbedarf) zu vergrößern, zum anderen, um den Unterricht adaptiv an die Lernvoraussetzungen anzupassen. Dahinter steht die Überzeugung, dass alle Lernenden von barrierefreier Unterrichtspraxis profitieren (vgl. Böttinger & Schulz, 2021, i. Vorb.).
Digitale Barrieren abbauen – Das UDL diklusiv
In der schulischen Praxis zeigt sich immer wieder, dass aktuelle Umsetzungen digitaler Lernumgebungen viele Schüler:innen einem Exklusionsrisiko aussetzen bzw. diese kategorisch ausschließen. Dies gilt zum Beispiel für Kinder und Jugendliche, die Unterstützung beim Aufrechterhalten der Motivation oder des selbstregulierten Lernens benötigen, deren Perzeption oder Informationsverarbeitung eingeschränkt ist, oder auch hinsichtlich sprachlicher und kommunikativer Fähigkeiten. Deutlich wird die Notwendigkeit einer digitalen barrierefreien Unterrichtspraxis in Verbindung mit der Chance, der Heterogenität der Schülerschaft begegnen zu können.
Hier kann ein diklusiver (digital-inklusiver) Ansatz als programmatische und systematische Verbindung von digitalen Medien und Inklusion zur Ermöglichung von Teilhabe durch, mit und an Medien in einem digital-inklusiven Unterricht (vgl. Böttinger & Schulz, 2021; Schulz, 2018) hilfreich sein. Im Fokus stehen dabei nicht die technischen Mittel, sondern die Schüler:innen sowie Fragen nach Passung und Anwendung im Unterricht.
Vor diesem Hintergrund wurde das oben beschriebene UDL von den Autor:innen dieses Artikels diklusiv interpretiert und für den Einsatz digitaler Medien im (inklusiven) Unterricht adaptiert. Für die drei Grundsäulen (siehe Tabelle 1) stehen jeweils die Frage nach den Chancen des Lernens mit digitalen Medien sowie nach Umsetzungsmöglichkeiten für digitale Medien im Rahmen des UDL im Fokus (siehe Abbildung 1 sowie PDF).
Auf das Vorstellen konkreter Umsetzungsbeispiele oder das Nennen jeweils passender Apps wird in diesem Artikel verzichtet. Eine solche Sammlung findet sich in unserem Padlet zur Lernförderung mit digitalen Medien, das im Rahmen eines Workshops einer wissenschaftlichen Tagung entstanden ist und fortlaufend erweitert und aktualisiert wird. Sie können das Padlet über die URL oder den QR-Code aufrufen.
URL des Padlets: https://kurzlinks.de/8fp6
Konkrete Einsatzmöglichkeiten des UDL diklusiv
Das UDL diklusiv folgt einem präventiv orientierten didaktischen Grundgedanken: Eine Intervention der Lehrkraft erfolgt nicht erst, wenn im Verlauf einer Unterrichtseinheit konkrete Hilfestellungen benötigt werden. Vielmehr liegt der Fokus von Beginn an auf verschiedenen Voraussetzungen, Zugängen und Bedürfnissen der Schüler:innen sowie unterschiedlichen Lern- und Aufgabenmöglichkeiten. Bereits bei der Planung und Vorbereitung von Einheiten und Einzelstunden sollen mögliche Stolpersteine identifiziert und umgangen werden. Die Leitfrage ist, was den Schüler:innen im Unterricht angeboten werden muss, damit alle erfolgreich teilnehmen und am Lerngegenstand arbeiten können. Dabei ist das UDL diklusiv als eine Art Bausatz zu verstehen: Für die Unterrichtsplanung können bei Bedarf einzelne Elemente bzw. Unterpunkte ausgewählt werden, es müssen aber keinesfalls alle Säulen bzw. Prinzipien berücksichtigt werden. Denn auch im herkömmlichen bzw. “analogen“ Unterricht gibt es Möglichkeiten der Adaption und Individualisierung. Das UDL diklusiv soll einen herkömmlichen Unterricht nicht ersetzen, sondern diesen sinnvoll ergänzen, damit alle Schüler:innen Zugang zu Lerninhalten finden.
Wie ein exemplarischer Einsatz in der Unterrichtspraxis aussehen kann, soll anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden (Tabelle 2). Ausgangspunkt ist das in der Grundschule häufig anzutreffende Thema “Schreiben von Fabeln“ im Fach Deutsch. Im Folgenden werden einige mögliche Hilfestellungen aus dem UDL diklusiv näher beschrieben. Diese sind keinesfalls ausschließlich für den Primarbereich gedacht. Gerade in höheren Klassen erlaubt die in der Regel größere Selbstständigkeit der Schüler:innen eine breite Anwendung des UDL diklusiv.
Fazit
Das UDL diklusiv zielt zum einen auf die Erweiterung des Methodenspektrums zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht, ist aber zugleich eine Beschreibung von Unterstützungsmöglichkeiten. Zudem bietet es Möglichkeiten für die Unterrichts- und Schulentwicklung, da auch weiterhin neue, innovative Technologien ihren Weg in die Schule finden werden und ihren Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit leisten können. Dass es notwendig ist, diese aufzugreifen, zeigen verschiedene Studien zur Nutzungsforschung (u.a. ICILS, Eickelmann et al., 2019), da der Umgang mit digitalen Medien für Kinder und Jugendlich Normalität und Teil der Lebenswirklichkeit geworden ist. Schule kann und darf diese Aspekte nicht ignorieren, da ihr Auftrag auch darin besteht, Schüler:innen zu befähigen, selbstständig und gestaltend an der Gesellschaft teilzunehmen, die sich zunehmend mediatisiert und digitalisiert präsentiert. Nichtsdestotrotz ist eine gute digital-inklusive Didaktik (und damit auch der Einsatz des UDL diklusiv) in starkem Maße abhängig von der Lehrkraft sowie deren Unterrichtsplanung, -evaluation und -anpassung. Wird dies berücksichtigt, bietet das vorgestellte Konzept eine Rahmung, um digitale Medien im Unterricht einzusetzen – nicht als Mittel zum Zweck, sondern als sinnvolle Erweiterung zu bereits erprobten Möglichkeiten.
Literatur
Böttinger, T. & Schulz, L. (2021, i.Vorb.). Diklusiv Lernhilfen – Digital-inklusiver Unterricht im Rahmen des Universal Design for Learning. Eingereicht bei Zeitschrift für Heilpädagogik.
CAST – Center for Applied Special Technology (2018). Universal Design for Learning Guidelines, Version 2.2. Online verfügbar unter https://udlguidelines.cast.org/ (03.06.2021)
Eickelmann, B., Bos, W., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K., Senkbeil, M. & Vahrenhold, G. (Hrsg.) (2019): ICILS 2018 #Deutschland – Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im zweiten internationalen Vergleich und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking. Münster: Waxmann.
Hall, T., Meyer, A., Rose, D. H. (2012). An Introduction to Universal Design for Learning. Questions and Answers. In T. Hall, A. Meyer & D. Rose (Hrsg.), Universal Design for Learning in the Classroom. Practical Applications (S.1-8). New York: The Guilford Press.
Petko, D. (2010). Lernplattformen, E-Learning und Blended Learning in Schulen. In D. Petko (Hrsg.), Lernplattformen in Schulen. Ansätze für E-Learning und Blended Learning in Präsenzklassen (S. 9-27). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
Pilgrim, J. & Ward, A.K. (2017). Universal Design for Learning: A Framework for Supporting Effective Literacy Instruction. In C.M. Curran & A.J. Petersen (Hrsg.), Handbook of Research on Classroom Diversity and Inclusive Education Practice (S.282-310). Hershey: IGI Global.
Schulz, L. (2018). Digitale Medien im Bereich Inklusion. In B. Lütje-Klose, T. Riecke-Baulecke & R. Werning (Hrsg.), Basiswissen Lehrerbildung: Inklusion in Schule und Unterricht. Grundlagen in der Sonderpädagogik (S.344-367). Seelze: Klett/Kallmeyer.
Zitationsvorschlag
Böttinger, T. & Schulz, L. (2021). Digitale Barrieren abbauen – Das diklusive Universal Design for Learning. Online verfügbar unter http://diklusion.com/udl-diklusiv/